Die Mutprobe
,,Komm schon!”, ruft Finn mir zu. ,,Gleich ist
Mitternacht. Wir haben nicht ewig Zeit!” Ich seufze und gehe langsam weiter. Warum
habe ich mich bloß darauf eingelassen? Dieses Spiel ist eigentlich Unsinn. Heute spielt niemand
´Wahrheit oder Mutprobe´, außer natürlich meine Freunde! Kopfschüttelnd
konzentriere ich mich wieder auf den Boden zu meinen Füßen. Der Boden ist lange
nicht mehr genutzt worden. Wir versinken mit einem lauten Schmatzen im Schlamm,
als plötzlich dichter Nebel aufkommt. Nicht lange und wir können unseren
Vordermann nur noch schemenhaft erkennen. Die Bäume und Sträucher, durch die
wir uns hindurch schlagen, scheinen nach uns zu greifen. Auf einmal bricht der
Vollmond aus den Wolken hervor und taucht alles in ein unheimliches Licht. Eine
Eule schreit und blitzartig, als ich schon daran denke, einfach umzukehren,
sehen wir es.
Das Mörderhaus.
Zehn Minuten soll ich darin verbringen. Allein
der Gedanke jagt mir Angst ein. Finn erzählt uns die Geschichte des Hauses
noch einmal. Das ist nicht das Erste Mal, aber jetzt bin ich ganz froh darüber.
,,Vor genau 100
Jahren lebte hier ein griesgrämiger, alter Mann. Sein einziger Frohsinn bestand
darin, auf seinen Feldern zu arbeiten. Die Kinder aus der Nachbarschaft machten
sich einen Spaß daraus, ihm seine Saat zu stehlen. Es heißt, immer wenn er sie
dabei erwischte, soll er sie in den Keller gezogen haben, wo er sie leiden ließ
und schließlich umbrachte. Nach seinem Tod soll er dann immer noch eine
riesige Wut auf die Diebe seiner Saat gehabt haben, dass er wiederkehrte und
jeden auf dieselbe Art und Weise umbringt, der sich in dieses Haus traut…”
Flüsternd
beendet er die Geschichte und mir läuft ein Schauer über den Rücken. Mein Blick
wandert zum Haus. Die zerbrochenen Fenster scheinen mich anzustarren und der
beginnende Regen findet seinen Weg durch die vielen Löcher im Dach. Der Zaun
ist an manchen Stellen eingestürzt und das Tor bewegt sich knarzend im Wind…
Langsam gehe ich hindurch und das Tor fällt
hinter mir ins Schloss.
Das Geräusch hat
was Endgültiges an sich.
Ich laufe auf
die alte Holztür zu, die sich wie von Geisterhand knarrend und quietschend
öffnet. Zögernd blicke ich zu meinen Freunden, doch sie bedeuten mir mit
sorglosen, ja, beinahe neugierigen Gesichtern weiterzugehen. Also drehe ich
mich um und hole tief Luft, bevor ich hinein gehe. Kaum bin ich drinnen, fällt
die Tür mit einem lauten Knall zu. Erschrocken zucke ich zusammen und lasse
fast die Taschenlampe aus meiner Hand fallen. Ich packe sie fester und schalte
sie an, während ich versuche, mein Atem zu beruhigen. Es ist totenstill im
Haus. außer meinen Atem kann ich nichts hören. Im Schein der Taschenlampe sehe
ich mich um. An den Wänden wurden abstruse Zeichen mit blutroter Farbe gezeichnet. Als wären hier Rituale abgehalten worden. An der Decke
hängen Spinnweben und alles ist von einer dicken Schicht Staub bedeckt.
Anscheinend bin ich nicht die Einzige hier drinnen: Im Staub kann man alte
Fußspuren erkennen. Ich schaue auf meine Armbanduhr. Erst zwei Minuten bin ich
hier! Verdammt! Es wird noch eine Ewigkeit dauern, bevor ich wieder hinaus
darf. Ein Bücherregal am anderen Ende des Raumes erweckt meine Aufmerksamkeit.
Ich gehe darauf zu und sehe es mir genauer an. Neugierig ziehe ich eines der
Bücher heraus und strahle es mit der Taschenlampe an. Das Erste, was mir
auffällt, sind die fremden Schriftzeichen auf dem Buchdeckel. Danach bemerke
ich den beißenden Geruch, der vom Buch ausgeht. Mit einem leicht angewiderten
Gesichtsausdruck stelle ich es zurück und nehme etwas Abstand vom Regal. Auf
einmal fange ich zu zittern. In dem Haus ist es urplötzlich eiskalt geworden.
Ich kann meinen eigenen Atem in der Luft sehen. Das kann aber gar nicht sein!
Es ist mitten im Sommer, wie kann es dann sein, dass ich hier friere, als wäre
ich in einer Tiefkühltruhe? Nein, das wird mir jetzt zu viel! Ich möchte mich
umdrehen und hinauslaufen, aber ich kann mich nicht bewegen. Vergeblich bemühe
ich mich, auch nur den kleinsten Muskel zu bewegen, doch es scheint, als wäre
ich zu Stein erstarrt. Neben dem Regal hängt ein alter, angelaufener Spiegel,
schon halb blind, und meine Augen weiten sich vor Schreck, als ich sehe, was
hinter mir steht. Ich schreie. Plötzlich können sich meine Glieder wieder
bewegen und sofort stürze ich von dieser Erscheinung weg. Ich möchte nur raus
aus diesem verfluchten Haus, doch versperrt dieses...ETWAS den Eingang.
Verzweifelt renne ich durch die angrenzenden Räume auf der Suche nach einer
Hintertür, als ich einen Schlag auf meinen Hinterkopf verspüre…
Langsam öffne
ich die Augen. In meinem Kopf pocht es. Meine Sicht ist verschwommen, doch nach
einer Weile klärt sie sich. Ich lehne zusammengesunken an einer Wand und
stöhnend stehe ich auf. Mein Gleichgewichtssinn ist noch nicht ganz wieder
hergestellt, also muss ich mich an der Wand abstützen, bis der Raum aufhört
sich zu drehen. Als endlich alles wieder an Ort und Stelle ist, kann ich mich
umsehen. An den Wänden hängen Messer, Dolche und Sichel und allen Größen und
Formen. Doch das ist nicht der Grund, warum ich zusammensinke: Von der Decke
hängen junge Frauen und Männer mit weit aufgerissen Augen und unzähligen
Verletzungen. Im Raum verteilt liegen verschiedene Dinge, die sich bei näherem
Hinsehen als abgehackte Körperteile herausstellen. Mein Körper ist vor Schreck
erstarrt und mein Mund steht offen, doch kein Schrei dringt heraus. Überall
klebt Blut und andere Flüssigkeiten, von denen ich lieber nichts genaueres
wissen möchte. Plötzlich sehen ich aus dem Augenwinkel ein Schatten vorbei
huschen. Ruckartig drehe ich mich um, kann aber nichts erkennen. Da! Da war es
wieder! Ich habe mich also doch nicht geirrt. Hier ist etwas, ich bin nicht
alleine.
,,Wer…wer ist
da?”, durchbreche ich mit heiserer Stimme die Stille. Nichts… Absolut nichts.
,,Hallo…?”,
frage ich noch einmal, etwas mutiger. Von dem Gestank wird mir übel. Auf einmal
sinken die Temperaturen und mein Atem bildet Wolken in der eisigen Luft.
Ängstlich blicke ich mich um, kann aber kann außer diesen schrecklichen Dingen
nichts Außergewöhnliches entdecken. Bibbernd streiche ich mir über die Arme, um
mich etwas zu wärmen. Ich sehe nichts, dennoch spüre ich eine unbekannte
Präsenz in diesem Raum. Als ich vor stürzen und etwas greifen wollte, mit dem
ich mich verteidigen könnte, werde ich von einer unsichtbaren Kraft gegen die
Wand geschleudert. Mein Hinterkopf schlägt hart auf und ich sinke zu Boden.
Meine Sicht klärt sich wieder und von einer zur anderen Sekunde materialisiert
sich dieses Ding direkt vor mir. Aus seiner durchgeschnittenen Kehle tritt
ununterbrochen Blut hervor und Teile seiner Hände fehlen. Auf dem alten
Holzfällerhemd erkennt man Flecken getrockneten Blutes, das mit Sicherheit
nicht nur von ihm stammt. Irgendeine unsichtbare Kraft hebt mich an der Kehle
hoch, dass meine Füße mehrere Zentimeter über dem Boden baumeln. Nicht lange
und meine Lungen lechzen nach Luft. Instinktiv versuche ich zu husten, um
wenigstens etwas Sauerstoff einatmen zu können. Ich röchle und keuche und meine
Lungen schmerzen. Die Ränder meines Blickfeldes werden schwarz und ein dumpfes
Gefühl breitet sich in meinem Kopf aus. Es kommt mir vor, als wäre es richtig
zu sterben und meine Angst schwindet. Meine Versuche mich zu wehren werden
weniger, bis sie schließlich ganz aufhören. Just in diesem Moment löst sich
der Griff um meinen Hals und ich falle zu Boden. Ein stechender Schmerz schießt
durch mein Bein und reflexartig sauge ich Sauerstoff ein. Beinahe sofort huste
ich und kann nicht mehr aufhören. Erst nach einiger Zeit beruhige ich mich und
atme wieder normal. Der pochende Schmerz in meinem Fußknöchel wird mir wieder
bewusst, doch mir bleibt nicht viel Zeit darüber nachzudenken, denn als dieses
unheimliche Ding seine Hand hebt, werde ich wieder hochgehoben, an den
Handgelenken diesmal. Mein Rücken ist von Schweiß durchtränkt, als ein
blitzendes Messer auf mich zu saust und kurz vor meinem Auge halt macht. Ich
sehe es nur unscharf, spüre aber wie meine Wimpern am Messer entlang streichen.
Mein Atem geht keuchend über meine Lippen, dennoch versuche ich mich ruhig zu
halten und jegliches Zittern zu unterdrücken. Kaum merklich stößt das Messer
vor und ich kann nichts mehr sehen. Mein Kopf explodiert vor Schmerzen und ich
höre nicht mal meine eigenen Schreie. Etwas Warmes strömt über mein Gesicht und
fließt über meine Lippen. Blut! Es rinnt ungehindert in meine Nase und meinen
Mund, da ich es nicht mit meinen Händen fort wischen kann. Ich kann nichts sehen,
dennoch spüre ich die Präsenz dieses Dings. Ich spüre, es ist noch da. Aber ich
weiß nicht, was er noch vorhat. Meine Angst wächst und steigert sich ins
Unermessliche. Durch das Blut bekomme ich wieder Atemnot und ich versuche das
Blut auf den Boden zu spucken. Was mir auch nur mäßig gelingt. Ich spüre, wie
sich das Ding mir nähert. Meine Härchen stellen sich auf und ein Schauer läuft
mir über den Rücken. Der eiskalte Atem des Dings bläst über mein Gesicht und
verstärkt die quälenden Schmerzen. Es geschieht nichts und es vergeht eine
gefühlte Ewigkeit. Eine Ewigkeit voller Schmerzen, Qualen und Unwissen.
Unwissen, was
passiert…
Plötzlich
berührt mich etwas Kaltes, Spitzes an der Kehle. Ich erstarre und meine Muskeln
spannen sich an. Das Messer (ich denke, es ist ein Messer) fährt über mein
Schlüsselbein, bevor es verschwindet. Abrupt sticht etwas in meine Schulter.
Entsetzt schreie ich auf. Ich kann hören, wie mein Blut langsam zu Boden
tropft. Kaum eine Sekunde später spüre ich das Messer wieder an meiner Kehle.
Unter den Schmerzen versuche ich mich zu konzentrieren.
Komme ich aus
dieser unmöglichen Situation heraus?
Kann ich
fliehen?
Doch ich kenne
die Antwort schon.
Das Messer macht
eine schnelle Bewegung und ich kann nicht mehr atmen. Meine Lippen öffnen sich,
doch kein Ton tritt heraus. Nur warmes Blut. Meine Lunge verkrampft sich, als
keine Luft mehr nachströmt. Mein Hirn fühlt sich an wie Watte, ich kann nicht
mehr klar denken. Die Schmerzen werden weniger, das lähmende Nichts holt mich
an und nimmt mich in seine dunkle Arme...
,,Komm schon!”, ruft Finn mir zu. ,,Gleich ist
Mitternacht. Wir haben nicht ewig Zeit!” Ich seufze und gehe langsam weiter. Warum
habe ich mich bloß darauf eingelassen? Dieses Spiel ist eigentlich Unsinn. Heute spielt niemand
´Wahrheit oder Mutprobe´, außer natürlich meine Freunde! Kopfschüttelnd
konzentriere ich mich wieder auf den Boden zu meinen Füßen. Der Boden ist lange
nicht mehr genutzt worden. Wir versinken mit einem lauten Schmatzen im Schlamm,
als plötzlich dichter Nebel aufkommt. Nicht lange und wir können unseren
Vordermann nur noch schemenhaft erkennen. Die Bäume und Sträucher, durch die
wir uns hindurch schlagen, scheinen nach uns zu greifen. Auf einmal bricht der
Vollmond aus den Wolken hervor und taucht alles in ein unheimliches Licht. Eine
Eule schreit und blitzartig, als ich schon daran denke, einfach umzukehren,
sehen wir es.
Das Mörderhaus.
Zehn Minuten soll ich darin verbringen. Allein
der Gedanke jagt mir Angst ein. Finn erzählt uns die Geschichte des Hauses
noch einmal. Das ist nicht das Erste Mal, aber jetzt bin ich ganz froh darüber.
,,Vor genau 100
Jahren lebte hier ein griesgrämiger, alter Mann. Sein einziger Frohsinn bestand
darin, auf seinen Feldern zu arbeiten. Die Kinder aus der Nachbarschaft machten
sich einen Spaß daraus, ihm seine Saat zu stehlen. Es heißt, immer wenn er sie
dabei erwischte, soll er sie in den Keller gezogen haben, wo er sie leiden ließ
und schließlich umbrachte. Nach seinem Tod soll er dann immer noch eine
riesige Wut auf die Diebe seiner Saat gehabt haben, dass er wiederkehrte und
jeden auf dieselbe Art und Weise umbringt, der sich in dieses Haus traut…”
Flüsternd
beendet er die Geschichte und mir läuft ein Schauer über den Rücken. Mein Blick
wandert zum Haus. Die zerbrochenen Fenster scheinen mich anzustarren und der
beginnende Regen findet seinen Weg durch die vielen Löcher im Dach. Der Zaun
ist an manchen Stellen eingestürzt und das Tor bewegt sich knarzend im Wind…
Langsam gehe ich hindurch und das Tor fällt
hinter mir ins Schloss.
Das Geräusch hat
was Endgültiges an sich.
Ich laufe auf
die alte Holztür zu, die sich wie von Geisterhand knarrend und quietschend
öffnet. Zögernd blicke ich zu meinen Freunden, doch sie bedeuten mir mit
sorglosen, ja, beinahe neugierigen Gesichtern weiterzugehen. Also drehe ich
mich um und hole tief Luft, bevor ich hinein gehe. Kaum bin ich drinnen, fällt
die Tür mit einem lauten Knall zu. Erschrocken zucke ich zusammen und lasse
fast die Taschenlampe aus meiner Hand fallen. Ich packe sie fester und schalte
sie an, während ich versuche, mein Atem zu beruhigen. Es ist totenstill im
Haus. außer meinen Atem kann ich nichts hören. Im Schein der Taschenlampe sehe
ich mich um. An den Wänden wurden abstruse Zeichen mit blutroter Farbe gezeichnet. Als wären hier Rituale abgehalten worden. An der Decke
hängen Spinnweben und alles ist von einer dicken Schicht Staub bedeckt.
Anscheinend bin ich nicht die Einzige hier drinnen: Im Staub kann man alte
Fußspuren erkennen. Ich schaue auf meine Armbanduhr. Erst zwei Minuten bin ich
hier! Verdammt! Es wird noch eine Ewigkeit dauern, bevor ich wieder hinaus
darf. Ein Bücherregal am anderen Ende des Raumes erweckt meine Aufmerksamkeit.
Ich gehe darauf zu und sehe es mir genauer an. Neugierig ziehe ich eines der
Bücher heraus und strahle es mit der Taschenlampe an. Das Erste, was mir
auffällt, sind die fremden Schriftzeichen auf dem Buchdeckel. Danach bemerke
ich den beißenden Geruch, der vom Buch ausgeht. Mit einem leicht angewiderten
Gesichtsausdruck stelle ich es zurück und nehme etwas Abstand vom Regal. Auf
einmal fange ich zu zittern. In dem Haus ist es urplötzlich eiskalt geworden.
Ich kann meinen eigenen Atem in der Luft sehen. Das kann aber gar nicht sein!
Es ist mitten im Sommer, wie kann es dann sein, dass ich hier friere, als wäre
ich in einer Tiefkühltruhe? Nein, das wird mir jetzt zu viel! Ich möchte mich
umdrehen und hinauslaufen, aber ich kann mich nicht bewegen. Vergeblich bemühe
ich mich, auch nur den kleinsten Muskel zu bewegen, doch es scheint, als wäre
ich zu Stein erstarrt. Neben dem Regal hängt ein alter, angelaufener Spiegel,
schon halb blind, und meine Augen weiten sich vor Schreck, als ich sehe, was
hinter mir steht. Ich schreie. Plötzlich können sich meine Glieder wieder
bewegen und sofort stürze ich von dieser Erscheinung weg. Ich möchte nur raus
aus diesem verfluchten Haus, doch versperrt dieses...ETWAS den Eingang.
Verzweifelt renne ich durch die angrenzenden Räume auf der Suche nach einer
Hintertür, als ich einen Schlag auf meinen Hinterkopf verspüre…
Langsam öffne
ich die Augen. In meinem Kopf pocht es. Meine Sicht ist verschwommen, doch nach
einer Weile klärt sie sich. Ich lehne zusammengesunken an einer Wand und
stöhnend stehe ich auf. Mein Gleichgewichtssinn ist noch nicht ganz wieder
hergestellt, also muss ich mich an der Wand abstützen, bis der Raum aufhört
sich zu drehen. Als endlich alles wieder an Ort und Stelle ist, kann ich mich
umsehen. An den Wänden hängen Messer, Dolche und Sichel und allen Größen und
Formen. Doch das ist nicht der Grund, warum ich zusammensinke: Von der Decke
hängen junge Frauen und Männer mit weit aufgerissen Augen und unzähligen
Verletzungen. Im Raum verteilt liegen verschiedene Dinge, die sich bei näherem
Hinsehen als abgehackte Körperteile herausstellen. Mein Körper ist vor Schreck
erstarrt und mein Mund steht offen, doch kein Schrei dringt heraus. Überall
klebt Blut und andere Flüssigkeiten, von denen ich lieber nichts genaueres
wissen möchte. Plötzlich sehen ich aus dem Augenwinkel ein Schatten vorbei
huschen. Ruckartig drehe ich mich um, kann aber nichts erkennen. Da! Da war es
wieder! Ich habe mich also doch nicht geirrt. Hier ist etwas, ich bin nicht
alleine.
,,Wer…wer ist
da?”, durchbreche ich mit heiserer Stimme die Stille. Nichts… Absolut nichts.
,,Hallo…?”,
frage ich noch einmal, etwas mutiger. Von dem Gestank wird mir übel. Auf einmal
sinken die Temperaturen und mein Atem bildet Wolken in der eisigen Luft.
Ängstlich blicke ich mich um, kann aber kann außer diesen schrecklichen Dingen
nichts Außergewöhnliches entdecken. Bibbernd streiche ich mir über die Arme, um
mich etwas zu wärmen. Ich sehe nichts, dennoch spüre ich eine unbekannte
Präsenz in diesem Raum. Als ich vor stürzen und etwas greifen wollte, mit dem
ich mich verteidigen könnte, werde ich von einer unsichtbaren Kraft gegen die
Wand geschleudert. Mein Hinterkopf schlägt hart auf und ich sinke zu Boden.
Meine Sicht klärt sich wieder und von einer zur anderen Sekunde materialisiert
sich dieses Ding direkt vor mir. Aus seiner durchgeschnittenen Kehle tritt
ununterbrochen Blut hervor und Teile seiner Hände fehlen. Auf dem alten
Holzfällerhemd erkennt man Flecken getrockneten Blutes, das mit Sicherheit
nicht nur von ihm stammt. Irgendeine unsichtbare Kraft hebt mich an der Kehle
hoch, dass meine Füße mehrere Zentimeter über dem Boden baumeln. Nicht lange
und meine Lungen lechzen nach Luft. Instinktiv versuche ich zu husten, um
wenigstens etwas Sauerstoff einatmen zu können. Ich röchle und keuche und meine
Lungen schmerzen. Die Ränder meines Blickfeldes werden schwarz und ein dumpfes
Gefühl breitet sich in meinem Kopf aus. Es kommt mir vor, als wäre es richtig
zu sterben und meine Angst schwindet. Meine Versuche mich zu wehren werden
weniger, bis sie schließlich ganz aufhören. Just in diesem Moment löst sich
der Griff um meinen Hals und ich falle zu Boden. Ein stechender Schmerz schießt
durch mein Bein und reflexartig sauge ich Sauerstoff ein. Beinahe sofort huste
ich und kann nicht mehr aufhören. Erst nach einiger Zeit beruhige ich mich und
atme wieder normal. Der pochende Schmerz in meinem Fußknöchel wird mir wieder
bewusst, doch mir bleibt nicht viel Zeit darüber nachzudenken, denn als dieses
unheimliche Ding seine Hand hebt, werde ich wieder hochgehoben, an den
Handgelenken diesmal. Mein Rücken ist von Schweiß durchtränkt, als ein
blitzendes Messer auf mich zu saust und kurz vor meinem Auge halt macht. Ich
sehe es nur unscharf, spüre aber wie meine Wimpern am Messer entlang streichen.
Mein Atem geht keuchend über meine Lippen, dennoch versuche ich mich ruhig zu
halten und jegliches Zittern zu unterdrücken. Kaum merklich stößt das Messer
vor und ich kann nichts mehr sehen. Mein Kopf explodiert vor Schmerzen und ich
höre nicht mal meine eigenen Schreie. Etwas Warmes strömt über mein Gesicht und
fließt über meine Lippen. Blut! Es rinnt ungehindert in meine Nase und meinen
Mund, da ich es nicht mit meinen Händen fort wischen kann. Ich kann nichts sehen,
dennoch spüre ich die Präsenz dieses Dings. Ich spüre, es ist noch da. Aber ich
weiß nicht, was er noch vorhat. Meine Angst wächst und steigert sich ins
Unermessliche. Durch das Blut bekomme ich wieder Atemnot und ich versuche das
Blut auf den Boden zu spucken. Was mir auch nur mäßig gelingt. Ich spüre, wie
sich das Ding mir nähert. Meine Härchen stellen sich auf und ein Schauer läuft
mir über den Rücken. Der eiskalte Atem des Dings bläst über mein Gesicht und
verstärkt die quälenden Schmerzen. Es geschieht nichts und es vergeht eine
gefühlte Ewigkeit. Eine Ewigkeit voller Schmerzen, Qualen und Unwissen.
Unwissen, was
passiert…
Plötzlich
berührt mich etwas Kaltes, Spitzes an der Kehle. Ich erstarre und meine Muskeln
spannen sich an. Das Messer (ich denke, es ist ein Messer) fährt über mein
Schlüsselbein, bevor es verschwindet. Abrupt sticht etwas in meine Schulter.
Entsetzt schreie ich auf. Ich kann hören, wie mein Blut langsam zu Boden
tropft. Kaum eine Sekunde später spüre ich das Messer wieder an meiner Kehle.
Unter den Schmerzen versuche ich mich zu konzentrieren.
Komme ich aus
dieser unmöglichen Situation heraus?
Kann ich
fliehen?
Doch ich kenne
die Antwort schon.
Das Messer macht
eine schnelle Bewegung und ich kann nicht mehr atmen. Meine Lippen öffnen sich,
doch kein Ton tritt heraus. Nur warmes Blut. Meine Lunge verkrampft sich, als
keine Luft mehr nachströmt. Mein Hirn fühlt sich an wie Watte, ich kann nicht
mehr klar denken. Die Schmerzen werden weniger, das lähmende Nichts holt mich
an und nimmt mich in seine dunkle Arme...
Ich kann nicht aufhören deine Geschichten zu lesen!
AntwortenLöschenEs freut mich, wenn dir meine Geschichten gefallen ;)
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