Psychokiller


Psychokiller


Ich schreie. Meine Fingernägel schaben und kratzen über meine Kopfhaut. Warmes Blut fließt über mein Gesicht und alte Wunden reißen auf. Diese Stimmen in meinem Kopf….kaum auszuhalten! Wieso verschwinden sie nicht? Das harte, schmale Bett knarzt, als ich mich darauf herumwerfe. Plötzlich wird alles schwarz…
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Endlich…endlich bin ich wieder da! Schnell scanne ich die Gegend ab. Wieder in einem engen Raum. Aber mich kann man nicht einsperren! Sofort befreie ich mich und trete in den schlecht beleuchteten Gang. Die verbogenen Teile der Metalltür lasse ich liegen. Mmmmh…wer ist diesmal…? Stop! Ein kaum wahrnehmbarer Geruch liegt in der Luft. Ein vertrauter Geruch…Blut! Meine Augen nehmen eine tiefrote Farbe an. Wie davon angezogen folge ich dem Geruch ein paar Gänge weiter zu einer verschlossenen Tür. Das Blut scheint frisch zu sein. Ich zerstöre die Tür mit nur einem Blick und trete ein. Vor mir auf dem schmalen Bett liegt eine junge Frau. Das Blut rührt von den Wunden auf ihren Gliedern, die sie sich mit ihren abgerissenen Fingernägeln zufügt. Ihre Haare sind verfilzt und stehen wirr von ihrem Kopf ab. Ihr Körperbau ist dürr und sehr kraftlos. Auf einmal schlägt sie ihre Augen auf. Sie spürt meine Präsenz. Ihr Blick schweift blind umher. Mit einer Stimme, die wie trockenes Laub klingt, fragt sie ängstlich, wer da sei.
„Keine Angst! Außer uns ist niemand hier“, lache ich leise. Sie zuckt beim Klang meiner Stimme zusammen und keucht. Doch ich blende all das aus und schließe die Augen. Ich konzentriere mich und dringe in den Geist des Mädchens ein. Eine Welle von wirre Erinnerungen strömt in meinen Kopf hinein, doch ich schiebe sie alle zur Seite und grabe tiefer. Entfernt, wie durch Wasser, höre ich ihre Schreie. Lächelnd haue ich meine Krallen in die empfindlichen Lichtströme, die die Erinnerungen miteinander verbinden, und zerrreiße sie. Prompt werden die Schreie lauter. Wie leicht die Menschen doch zu zerstören sind! Bald darauf habe ich den Kern des ganzen gefunden. Gedämpftes, aber pulsierendes Licht strömt aus der kleinen Kugel heraus. Sanft nehme ich es und wölbe meine Hand darum, als wolle ich es beschützen. Doch abrupt klatsche ich meine Hände gegeneinander und zerdrücke die leuchtende Kugel. Lachend ziehe ich mich in meinen Wirt zurück, bevor mich die alles verschlingende, von dem Kern ausgehende Dunkelheit einholt. In den Körper meines Wirts zurückgekehrt beobachte ich mein Werk: Die Frau liegt wie tot da, doch mit meinen empfindlichen Ohren kann ich leise ihr Herz schlagen hören. Nur ihr Geist ist zerstört, doch auch ihr Körper stirbt nun langsam. Mit einem brennenden Durst betrachte ich die offenen Wunden am Hals der Frau. Langsam beuge ich mich über sie und streiche ihre verfilzten Haare zur Seite. Ich senke meinen Kopf und lecke mir genüsslich die Lippen, bevor ich zu beiße. Hmmm…ist das köstlich! Das warme Blut strömt meinen Rachen hinab und löst in mir ein wohliges Gefühl aus. Nachdem ich den Körper leer getrunken habe, lasse ich ihn wieder auf das Bett fallen. Müde verlasse ich die Zelle und kehre in die meines Wirts zurück. Schwer lasse ich mich auf das Bett plumpsen und ziehe mich mit dem Wissen zurück, dass ich bald wieder komme…
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Stöhnend richte ich mich auf. Was ist passiert? Wo bin ich? Als ich meine Haare aus dem Gesicht streichen möchte zucke ich zusammen: Meine Hand ist blutverklebt. Was ist bloß passiert? Auf einmal bemerke ich den metallischen Geschmack in meinem Mund. Es schmeckt wie nach…Blut! Was habe ich getan? Mein Blick wandert zu der Tür die normalerweise fest verschlossen ist, nun aber zersplittert und in tausend Teilen auf dem Boden liegt. Plötzlich höre ich ein hämisches Lachen und meine Nackenhaare stellen sich auf. Erschrocken blicke ich mich um. Woher kam das? Da! Schon wieder! Niemand ist hier. Dieses Lachen…macht mich fertig. Nicht zum Aushalten! Stöhnend schmeiße ich mich auf das Bett und schlage die Hände über meinen Kopf zusammen. Meine Nägel schaben und kratzen über meine Kopfhaut und Schmerz durchzuckt mich. Ich höre Schritte, die immer näher kommen, doch das ist mir egal. Dieses Lachen ist abscheulich. Ein rauer Schrei steigt meine Kehle hinauf. Was passiert hier?  Oh Gott! Ich will hier weg! Ich will sterben! Ich ertrage das nicht mehr. Das Lachen macht mich wahnsinnig! Die Schritte entfernen sich nun schnell wieder. Vor meinem inneren Auge entsteht ein Bild von einem missgestalteten, abscheulichen Wesen. Halb verfaulte Knochen ragen überall aus seinem Körper heraus und seine Augen starren mich rotglühend an. Als es seine gewaltigen Kiefer öffnet und Reihen abgebrochener Zähne entblößt, gibt es dieses Lachen von sich. Ich spüre, wie ich immer schwächer werde. Kurz bevor es wieder dunkel wird, kommt ein Gedanke, der mich bis zur Ohnmacht begleitet: Das Monster ist wieder erwacht!
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Endlich! Aufatmend schlage ich die Augen auf. Ich werde stärker. Die Abstände zwischen den Momenten in denen ich wach bin, werden immer kürzer. Grinsend springe ich auf und sparziere durch die gesprengte Tür. Mmmmh…ich dachte, die wären schneller, aber…na ja. Entspannt schlendere ich durch die Flure, als ich den Geruch von etwas neuartigem aufschnappe, von etwas, das nicht hierher gehört. Neugierig folge ich diesem Geruch und lande vor einer zellenartigen Tür, die ich mit den Händen aus den Angeln reiße. Auf einem Stuhl hockt ein junger Mann mit einem gesunden, leicht muskulösen Körperbau und glänzenden, dunklen Haaren, die ihm in die Augen fallen. Es scheint, als starre er ins Nichts und seine großen Hände mit feingliedrigen Fingern liegen sorgsam auf seinen schmalen Oberschenkeln. Er sieht gut aus, stelle ich verwundert fest. Er scheint noch nicht lange hier zu sein. Dieser junge Mann wäre ein besserer Wirt als mein aktueller. Mein Entschluss steht fest: Ich werde umziehen und diesen Körper töten. Mir werden sich vollkommen neue Möglichkeiten mit einem körperlich stärkeren Wirt eröffnen. Der Umzug ist nicht schwer: Ich niste mich einfach in das Gehirn ein und schon habe ich die volle Kontrolle über den Körper. Ich öffne die Augen und sehe meinen alten Wirt vor meinen Füßen am Boden liegen. Es würde eine Weile dauern bis die Frau aufwacht, aber ich habe keine Lust so lange zu warten. Sofort dringe ich in ihren Geist ein, in dem fast völlige Dunkelheit herrscht. Durch die lange Benutzung des Wirts sind die meisten Lichtströme ausgebrannt und die Erinnerungen ausgelöscht. Bald erreiche ich den Kern, der nur noch dumpf glüht. Ich haue meine Krallen hinein und zerstöre ihn ohne weiteres. Gedämpft höre ich hohe Schreie und schnell ziehe ich mich in den Körper meines neuen Wirts zurück. Durch seine Augen sehe ich den verrenkten, toten Körper der Frau. Da ich den Körper schon lange bewohnt habe, ist er sofort tot und das Blut ungenießbar. Befriedigt  und vollgetankt mit der Kraft des Todes ziehe ich mich zurück, um mich auszuruhen. Außerdem kann der Wirt ohne eigenständige Kontrolle über seinen Körper nicht überleben. Erst mit der Zeit werden die Abstände zwischen seinen Wach-Momenten immer kürzer.
Und mit der Zeit werde ich stärker….


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